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Bullying als Gruppenphänomen: Eine Adaption des „Participant Role“-Ansatzes
Mechthild Schäfer, Stefan Korn
Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 36 (1), S. 19-29, 2004
German
German
Bullying, Rollenverteilung
Research
Parents, Policy Makers, Teachers, Researchers, School Directors.
1 - 20 pages
Pressemitteilung des Informationsdienstes Wissenschaft der Ludwig-Maximilians-Universität München:
In Untersuchungen kann neun von zehn Schülern eine distinkte Rolle im Bullying-Prozess zugeordnet werden. Bullying ist also ein Gruppenphänomen. Das gilt auch in Deutschland, wie Dr. Mechthild Schäfer und Stefan Korn vom Institut für Pädagogische Psychologie und Empirische Pädagogik der LMU jetzt herausgefunden haben.
Die Forscher untersuchten 104 Schüler aus vier sechsten Klassen an zwei Hauptschulen. "Unsere Studie zeigt zum ersten Mal, dass auch deutsche Schüler genau definierte Rollen beim Bullying einnehmen", so Schäfer. "Weil fast die ganze Klasse beteiligt ist, genügt es nicht, nur Opfer und Täter zu charakterisieren, ihre Beziehung zu beschreiben und die möglichen Konsequenzen dieser Aggressionen gegen Schwächere zu erfassen."
Die einzelnen Schüler lassen sich, wenn auch nicht immer ausschließlich, verschiedenen Rollen beim Bullying zuteilen: Außenstehende, Opfer, Verteidiger des Opfers, Täter und Assistent oder Verstärker des Täters. Freundschaften bestehen meist nur zwischen Schülern ohne aggressive Verhaltenstendenzen und zwischen jenen, die am Bullying beteiligt sind. Die beiden daraus resultierenden Freundschaftsnetzwerke laufen quer durch die Gruppe und schaffen zwei Populationen. In allen bisher durchgeführten Studien wurde deutlich, dass die eigene soziale Akzeptanz das Verhalten stark beeinflusst: Aus Angst, das nächste Opfer zu werden, wagt ein Schüler mit niedrigem sozialen Status selten, sich auf die Seite eines angegriffenen Kindes zu stellen.
Außenstehende machen den größten Teil der Gruppe aus, wobei manche gelegentlich als Verteidiger auftreten. Opfer sind sie selten, was der These widerspricht, aus ihrer Gruppe rekrutierten sich die Opfer der "nächsten Generation".
[…]
Eines aber haben Bullies und ihre Opfer gemein: Sie sind signifikant unbeliebter als ihre Mitschüler. Eigen ist den Tätern aber, dass sie einflussreich sind. "Bullying ist für eine Klasse ohne Unterstützung von außen durch Lehrer oder Eltern nur schwer zu lösen, weil die Täter diesen Einfluss nicht freiwillig aufgeben", meint Korn. "Ihre starke Position gibt ihnen sogar noch Definitions- oder Gestaltungsmacht über die sozialen Normen der Klasse." Deshalb sind alle konsequent verfolgten Strategien gegen aggressives Verhalten sinnvoll, die den sozialen Status der Täter schwächen. Damit wird die Bereitschaft von Assistenten und Verstärkern gesenkt, sich mit ihnen zu assoziieren. "Verteidiger werden in ihrem Verhalten bestärkt, und Außenstehende lernen, dass Engagement in
kritischen Situationen als eine Qualität des Miteinanders formuliert und gepflegt wird", so Schäfer. "Wenn es gelingt, eine positive (Re-)Definition der sozialen Normen in der Klasse zu formulieren, werden die Opfer zwar nicht beliebter in der Gruppe. Aber ihr Leben in der Schule wird sicherer und leichter."
Der Ansatz der unterschiedlichen Rollen beim Bullying von Christina Salmivalli gilt als eine der wichtigsten Analysen zu diesem Forschungsfeld. Die von Mechthild Schäfer durchgeführte Untersuchung zeigt, dass diese Rollenverteilung auch für deutsche Schüler gilt. Neben den klassischen Opfern und Täten agieren auch andere Schüler in Bullyingsituationen. Diese, wie z.B. die Gruppe der Außenstehenden gilt es für Bullying zu sensibilisieren, um solch aggressiven Handlungen entgegenzuwirken.
http://www.psy.lmu.de/mobbing/texte_journals/mainColumnParagraphs/07/document/ZEPP_Netzabstract.pdf
Informationsdienst Wissenschaft, Ludwig-Maximilians-Universität München
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